Dies ist ein Kommentar zur aktuellen öffentlichen Debatte. Einen ausführlichen Artikel über die Hintergründe zum Abberufungsantrag hat die Uni:Press verfasst.
Die Metapher ist oft genug beschworen worden: seit letzter Woche gehen die Wogen an der Uni (bzw. daheim in Home-Office und in WG-Arbeitszimmern) hoch, denn wie die Medien berichteten, ist ein anonymer USB-Stick an mehrere Stellen verteilt worden, wo auf 40 Seiten angebliche Verfehlungen des Rektors der PLUS aufgezeigt werden sollen (Anm: wir kennen das Schreiben im Original bisher nicht). Auffällig ist nun aber der öffentliche Diskurs:
Es erinnert doch ein wenig an Trump und die USA, wenn der Gegenwind, der dem Rektorat nun entgegenkommt, als Wiederstand von ‚verkrusteten und überalterten Strukturen‘ oder als Gegenbewegung gegen ‚gute und dringend notwendige Reformen‘ abgetan wird. Also angeblich reaktionäres Geschrei einer alten Elite, die nur Pfründe und Kleingärten sichern will gegen ein ‚modernes und visionsreiches Rektorat‘. Anstatt also konkret über Sinn und Unsinn von – zum jetzigen Zeitpunkt als budgetneutrale (!) Umgestaltungen auf dem Papier geplante – Reformen zu diskutieren, wird hier schnell eine ungerechtfertigte Debatte von ‚Modernisierungswillen‘ vs. ‚verängstigtes Establishment‘ geframed.
Das Überschreien von Visionslosigkeit?
Bis jetzt erscheinen die vorgelegten Umstrukturierungen vor allem eines zu sein: neumoderne Schlagwortansammlungen, bedeutungsleere Worthülsen und fragliche Umstrukturierungen auf dem Papier. Wenn man in den aktuell vorliegenden Entwürfen zum Organisationsplan (Anm: hier werden Strukturen, Fachbereiche und Gremien definiert) herauslesen möchte, wie künftig z.B. die School of Education organisiert ist, oder welche Aufgabe sie im Rahmen des Lehramtsstudiums übernimmt, bekommt auf diese Frage keine Antwort, denn Antworten werden im bisherigen Entwurf gar nicht erst gegeben. Ob Teilbereiche wie die Bildungswissenschaften nun in die Erziehungswissenschaft eingegliedert werden geht aus dem Papier ebenso wenig hervor. Dafür werden bedeutungsleere Buzzword-Bereiche wie „Lebenswissenschaften“ geschaffen – ein Euphemismus für das Pürieren etablierter Forschungs- und Fachbereiche wie Biologie & Geographie.
Schlimmer wird es dann im jetzt vorliegenden Entwurf des Entwicklungsplans zum Thema Lehramt (Anm: hier werden die geplanten Weiterentwicklungen der Universität für die nächsten Jahre ausgeführt). Neben konstatiertem fraglichem Eigenlob (‚Exzellenz‘ in allen Bereichen des Lehramts; angebliches ‚Auffangen‘ des Studierendenrückgangs) werden vage Ziele wie ‚Optimierung der Organisation‘ des Lehramtsstudiums genannt, selbstverständlich ohne den Hauch einer Andeutung, wo und wie dies passieren sollen. Es sollen „Maßnahmen zur besseren Studierbarkeit“ ergriffen werden: auch hier ohne irgendeine konkrete Idee. Und selbstverständlich sei im Lehramt auch das öffentliche Image des Lehrerberufs schuld, für das man nichts könne.
Und genau solche Aspekte sind der Grund, warum am Ende der Eindruck bleibt: die Visionslosigkeit wird hier mit Worthülsen und Begriffen überschrien, die Strukturreform bleibt (neben dem realen kruden Pürieren etablierter Wissenschafts- bzw. Fachbereiche in hippe Begriffssmoothies) in vielen Bereichen eine vage Silhouette (oder lässt sich hier das Rektorat möglichst viel offen, um auch hier autoritäre Eigenentscheidungen treffen zu können?), die verschobenen Nachbesetzungen, Budgetkürzungen über viele Bereiche hinweg und Stellenkürzungen in wichtigen Bereichen (z.B. bei den Studienassistenten) sind hingegen real.
Genug mit dem politischen Framing
All diese Feinheiten gehen häufig im öffentlichen Diskurs verloren. Dies sieht man an den veröffentlichten Leserbriefen, die in bester Manier von Trump-Unterstützern Rektor Lehnert zujubeln, dass ein Aufschrei vom angeblichen Establishment der Uni letztlich den Kurs des Rektors vollends bestätige. Auch manch ehemalige Absolventen und Professoren der Uni lassen sich auf dieses eindimensionale Framing ein, wie zuletzt Prof. Franz Neubauer (Geologie) in den SN: „Nun hat Rektor Hendrik Lehnert eine klare Außensicht eingebracht, möchte mit seinem Team Innovation stärken, lange verschleppte Probleme bereinigen und die Universität auf die Zukunft ausrichten.“
Dem muss klar erwidert werden: die jetzt vorgelegten Entwürfe sind keineswegs Garant, Indikator oder Anreiz für mehr internationale Wettbewerbsfähigkeit! Das Einrichten neuer Püree-Fachbereiche wird weder Forschungsleistungen oder Drittmittelakquise steigern, noch künftige Studierende in Scharen anlocken. Dass nicht einmal Ansätze (!) für Lösungen sehr konkreter Probleme (z.B. im Lehramt) im Entwicklungsplan benannt werden können, geschweige denn zukunftsträchtige Entwicklungen wie beispielswiese zum Teil berufsbegleitende Lehramtsstudien, MOOCs, oder Hybridlehre als Lösung für Pendelzwang zwischen Linz/Salzburg konkret angesprochen werden, spricht Bände.
Dann reden wir drüber. Oder etwa nicht?
Am Ende sollte man darüber reden. Das Rektorat wird nicht müde, seit Amtsantritt vor einem Jahr bei jedem Aspekt ständig auf baldige Gespräche, umfangreiche Dialoge und breite Partizipation zu verweisen.
Die Realität ist inzwischen aber klar geworden: Gespräche werden höchstens als Vortrag einseitig geführt, oft zu spät, oft zu kurz, und ebenfalls oft gar nicht.
Gleichzeitig hat das Rektorat aber nun schon mehrfach sehr kindische Züge an den Tag gelegt: die ÖH wird aus dem Corona-Krisenstab der Universität geworfen, weil man sich zum Abberufungsantrag äußert. Die STV Lehramt wird mehr als aktiv aus der Task-Force Lehramt ausgeladen (bzw. nie eingeladen), weil man sich kritisch zu Problemen im Lehramt-Studium äußert. Ähnlich geht es aber auch anderen Fachbereichen, Gremien, Mitarbeitern in ihren Bereichen… mit der Kommunikation will es also einfach bisher nicht klappen mit dem Rektorat und der latente Eindruck von Retaliation durch das Rektorat bei jeglicher Kritik bleibt – und ist wohl der Grund, warum diverse Medien ständig ein „Klima der Angst“ unter Mitarbeitern konstatieren.