ÖH Wahl Special: Der außergewöhnlich lange Entstehungsweg eines Lehramtsstudienplans

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(Vorwort: dieser Artikel beschreibt nur die Arbeitsaufgaben der einzelnen Gremien bei einer Studienplanerstellung im Cluster Mitte. Alle diese Gremien haben aber auch in ’normalen‘ Zeiten weitere Aufgaben, auf die hier aber nicht weiter eingegangen wird)

In den meisten Bachelorstudien ist es kein Problem, den eigenen Studienplan zu lesen: 15 Seiten und man ist durch. Doch im Lehramt sieht es mit dem Gesamtstudienplan etwas anders aus: nicht nur muss man sich durch ein viele hundert Seiten starkes Werk quälen, sondern man muss auch immer wieder zwischen den Teilbereichen hin- und herblättern, um Zusammenhänge zu verstehen.

Auch der Entstehungsprozess ist im Lehramt ein wenig anders als in den Fachstudien. Während bei den 15 Seiten Studienplänen in Fachstudien eine 9-köpfige Curricularkommission Änderungen diskutiert, einbaut und beschließt, und der geänderte Studienplan dann nur noch vom Senat bestätigt werden muss, um in Kraft zu treten, gibt es im Lehramt eine große informelle Arbeitsstruktur und teils jahrelange Arbeitsphasen für das Überarbeiteten eines Studienplans – mit dabei natürlich auch immer Studierende der STV.

Die Cluster-Strukturen

Ebene 1: die Arbeitsgruppen

Für jedes Unterrichtsfach und die Bildungswissenschaften (und auch andere Bereiche wie Internationales, Technik, Rechtsfragen) gibt es Arbeitsgruppen (insgesamt circa 26), die einen Großteil der Schreib- und Diskussionsarbeit für ihren Bereich oder bestimmte Aspekte des Studienplans übernehmen. Dort werden die Curriculumsteile für einzelne Unterrichtsfächer geschrieben, mit Vertretern von beiden Standorten (außer ein Lehramtsfach wird ausschließlich in Salzburg oder Linz angeboten) mit Personen aus jeder Hochschule mit diesem Unterrichtsfach, und immer mit Studierendenvertretern (2 je Standort). Hier müssen nicht nur die einzelnen Interessen von Fachwissenschaft vs. Fachdidaktik unter einen Hut gebracht werden, sondern auch Personalressourcen beachtet werden (man kann nicht mehr Kurse ‚verbauen‘, als die Hochschulen auch anbieten können), Inhalte und Kompetenzen müssen definiert werden, Kursvoraussetzungen werden festgelegt und ECTS Tabellen gebaut. Alle Entscheidungen müssen am Ende einstimmig sein; wo das nicht möglich ist, wird die Entscheidungskompetenz bei Streitigkeiten an Ebene 2 abgegeben.

Ebene 2: die ‚Curricularkommission Cluster Mitte‘

Parallel arbeitet die ‚Curricularkommission Cluster Mitte‘ (die rechtlich genaugenommen keine Curricularkommission ist) als koordinierendes Gremium, gibt Rahmenbedingungen für die Arbeitsgruppen vor, diskutiert in Arbeitsgruppen nicht lösbare Probleme. Hier werden auch zentrale Aspekte des Prüfungsrechts für das gesamte Studium diskutiert und festgelegt. Sobald alle Arbeitsgruppen ihre Ergebnisse abgeliefert haben, wird hier auch das Gesamtergebnis diskutiert, geprüft und bei Unklarheiten oder nicht zufriedenstellenden Ergebnissen muss die Arbeitsgruppe nochmals ran. Sobald der Studienplan fertig ist, kommt es hier zur ersten Abstimmung, ob das Gesamtergebnis passt. Alle Entscheidungen müssen am Ende einstimmig sein; wo das nicht möglich ist, wird die Entscheidungskompetenz bei Streitigkeiten an Ebene 3 abgegeben.

Ebene 3: die Steuerungsgruppe

Hier sitzen die Rektorate des Cluster Mitte, sowie (auf dieser Ebene ohne Stimmrecht) 3 Studierendenvertreter. Auch hier braucht es einstimmige Beschlüsse. Die Steuerungsgruppe legt dabei häufig die Leitlinien fest, nach denen Studienplanüberarbeitungen geschehen sollen und welche Aspekte genau überarbeitet werden sollen. Nach der Curricularkommission Cluster Mitte muss ein neuer Studienplan auch diese Ebene bestehen.

Bonusebene: der Qualitätssicherungsrat

Nachdem ein neuer Studienplan die ersten 3 Ebenen erfolgreich durchlaufen hat, bzw. dort erfolgreich geschrieben, erstellt und beschlossen wurde, macht sich das große Dokument auf den Weg nach Wien. Anders als bei Fachstudien, die jede Universität einfach selbst beschließen und anbieten kann, müssen Lehramtsstudien nicht nur genauen rechtlichen Vorgaben, sondern auch den inhaltlichen Anforderungen der Schullehrpläne entsprechen und dafür ist eine verpflichtende Prüfung beim Qualitätssicherungsrat vorgeschrieben. Diese Expertenrunde erstellt Gutachten, ob die rechtlichen Vorgaben eingehalten, die Lehrpläne abgedeckt, Digitalkompetenzen ausgewiesen, der Studienplan leserlich und der Praxisanteil hoch genug ist – gibt aber auch inhaltliche Empfehlungen für Verbesserungsmöglichkeiten. Nur mit einem positiven Gutachten kann der Studienplan sich weiter auf den Weg machen.

Endlich in den Hochschulgremien

Die Curricularkommissionen: Ab hier ähnelt der Weg eines Lehramtstudienplans endlich dem eines Fachstudiums. Der fertige Studienplan Lehramt kommt nun in die offiziellen Curricularkommissionen (an jeder einzelnen Hochschule im Cluster), wo 9-12 Personen, darunter auch wieder 3-4 Studierendenverteter, nochmals offiziell behandeln. Per Mehrheitsentscheidung kann der Studienplan hier beschlossen werden, um sich auf den Weg zur letzten Instanz zu machen.

Der Senat (an PHs: das Hochschulkollegium): als höchstes akademisches Gremium innerhalb der Uni/PH wird hier letztmalig der Studienplan beschlossen. Auch hier sitzen Studierendenvertreter, die von ihrem Stimmrecht Gebrauch machen können. Mit dem finalen Beschluss ist die letzte Hürde genommen.

Aber: erst wenn ein Lehramtsstudienplan an allen Hochschulen im Cluster Mitte beschlossen wurde, kann er auch als Verbundsstudienplan in Kraft treten.

Eine Mammutaufgabe für unbezahlte ehrenamtliche Studienvertreter

Wie man aus diesem Prozess bereits herauslesen kann, ist alleine der Entstehungsverlauf schon sehr komplex. Hinzu kommt, dass viele Sitzungen im Cluster abwechselnd in Linz und Salzburg stattfinden. Während also in einem Fachstudium die STV in 3-5 Sitzungen geht, um einen neuen Studienplan entstehen zu lassen, sind es für uns mit den über 20 Arbeitsgruppen bereits annähernd 100 Sitzungen, bis ein neuer Studienplan auch nur als Entwurf fertig ist. Gleichzeitig müssen wir unsere Arbeit auch mit STV- und ÖH Kollegen aus den anderen Hochschulen koordinieren, inhaltlich hochschulübergreifend arbeiten und gemeinsame Positionen festlegen. All dies machen wir ehrenamtlich und unbezahlt.

Aktuell laufen die Planungen und Vorbereitungen für die nächste Studienplanüberarbeitung im Lehramt (keine Sorge: wie du bereits gelesen hast, der Prozess zieht sich über Jahre). Die ÖH Wahl entscheidet also auch darüber, welches STV Team du für diese Aufgabe wählst.

Auch wenn diese Arbeit nicht ’sexy‘ ist, so prägt sie dein Studium oder das Studium der nächsten Studierendengeneration auf Jahre. Und gerade im Lehramt nimmt dies, neben Beratung, einen großen Teil unserer STV Arbeit in Anspruch. Daher: bitte geh vom 18.-20. Mai wählen. Deine Stimme entscheidet und motiviert das nächste Team, das sich dann über 2 Jahre dieser unsichtbaren Arbeit widmet, für die es wenig Applaus oder Lob gibt – sondern höchstens hitzige Diskussionen mit Professoren und Rektoraten.