Ein turbulentes Semester geht zu Ende, doch die Probleme bleiben

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Disclaimer: Dieser Artikel wurde von mehreren STV Mitgliedern gemeinsam geschrieben. Die Meinungen in diesem Artikel wird von einer demokratischen Mehrheit der STV getragen, spiegelt aber weder die Meinung aller Mitglieder zur Gänze, noch in jedem einzelnen Aspekt wieder. Wir sehen diesen Kommentar und ein Kommentieren der aktuellen Ereignisse grundsätzlich aber als wichtigen Schritt, um alle Lehramt-Studierenden auf dem Laufenden zu halten zu den Entwicklungen im Lehramt.

Es waren spannende Zeiten seit Juli 2019: Nicht nur war kurz zuvor im Mai 2019 die österreichische Regierung zerfallen, sondern damit wurde auch klar, dass die dienstrechtliche Reparatur des Bachelor Lehramt 2013, dem ersten Bachelor-Lehramtsstudium in Österreich, dem einzigen Nicht-Verbund-Bachelor-Lehramt und dem einzigen Bachelor Lehramt ohne dienstrechtliche Abdeckung, uns ein neues Problem beschert hat. Die Reparatur des Dienstrechts hat dazu geführt, dass die Uni den Lehramt Bachelor 2013 wirklich bis Ende 2019 abschaffen muss (1 Jahr früher als lange Jahre geplant und viele von euch haben sich sehr darauf verlassen) und mit den gewechselten Ansprechpartnern im Ministerium war plötzlich keine realistische Chance mehr auf eine ermeute Verlängerung der Frist. Als klar wirde, dass der Studienplan abrupt abgeschafft werden muss, haben wir dauerhaften Kontakt mit der Unileitung gehalten, bereits vor Start des Sommersemesters über das drohende Ende informiert, Entwürfe für großzügige Äquivalenzlisten geschrieben, sowie ein Prozedere für die Uni und die Anlaufstellen bezüglich der Umstellung und die Anlaufstellen entworfen .

Doch die Umstellung lief leider alles andere als rund: Mehrere große Problemstellen in PlusOnline machten eine zügige automatische Umstellung unmöglich; letztlich musste nicht nur viel händisch seitens der Uni nachgearbeitet werden, auch IHR musstet via Umstellungsmails und Excellisten mithelfen. Wir haben viele Updates und Artikel geschrieben, haben alle Probleme gesammelt und geordnet der Uni weitergegeben. Gleichzeitig haben wir unglaublich viele Anfragen von euch beantwortet, kurzum: es war ein schöner Hochsommer für uns im dunklen Büro. Als dann trotzdem die Kursanmeldung und der Semesterstart für viele von euch auf der Kippe stand, haben wir erneut intensiven Kontakt zum Rektorat gehalten, aber auch auf Medienanfragen hin die Situation der Presse geschildert. Dadurch konnten wir weitere temporäre Aushilfsstellen an der School of Education erreichen, die die Umstellung beschleunigt haben. Jedoch kamen unsere Antworten auf Medienanfragen nicht gut beim Rektorat und der Leitung der SoE an, wodurch wir nicht das Gefühl hatten, dass hier ein tiefes Problembewusstsein vorhanden wäre. Parallel in dieser Zeit haben auch einige von euch festgestellt, dass im Studienplan 2019 Fehler und Ungereimheiten enthalten sind: falsche schriftliche Beschreibung der Masterpraxis oder der Master-Erweiterungsstudien, Summenfehler, unvollständige Voraussetzungsübersichten; aktuell kann uns noch niemand sagen, ob diese einfach zu ändernden Fehler im laufenden Jahr noch im Studienplan geändert werden.

Die Universität Salzburg meint auf eine Facebookfrage in einem öffentlichen Beitrag hin, dass die Baustellen bereits behoben seien. Wir meinen: erst wenn man Fehler in der Vergangenheit eingesteht und Probleme zugibt, kann man sich ernsthaft mit der Lösung beschäftigen.

Zu Semesterbeginn haben wir einen offenen Brief an das Rektorat aufgesetzt und EUCH darum gebeten, mitzuzeichnen: darin haben wir klar aufgezeigt, dass in Verwaltung, Organisation, IT-Systemen und in der Koordination im Lehramt und im Cluster viele Probleme vorhanden sind und WIR Studierenden davon die Leidtragenden sind. Im Brief hätten wir uns daher gewünscht, dass das Rektorat, wie versprochen, uns zu einer Task Force einlädt, um all eure Erfahrungen, Probleme und Anliegen zu besprechen, sowie gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Dies ist in dieser Form leider bisher nicht passiert, trotz mehrmaliger Anfrage unsererseits wurde uns von Seiten der Uni mitgeteilt, das bis zum jetzigen Zeitpunkt keine Kooperation mit uns, als eure rechtliche Vertretung im Lehramt, gewünscht wird.

Das erste und einzige persönliche Gespräch zwischen STV und dem neuen Rektorat zum Thema Lehramt seit 1. Oktober 2019, obwohl auch wiederholt auch in Interviews durch das Rektorat das Lehramtsstudium als zentrale Herausforderung immer wieder benannt wurde. Zur Task Force Lehramt wurde die STV nicht eingeladen.

Als es an die Organisation des Tag der offenen Tür ging, wurde leider der Bereich für die einzelnen Lehramtsfächer abgeschafft. Nur noch an einem allgemeinen Stand, sowie bei den einzelnen Fachbereichsständen (die aber über den gesamten Bereich verstreut sind) wird ‚mitberaten‘. Wir finden das bis heute sehr schade und eine Fehlentscheidung, die bis heute immer noch steht (unsere Stellungnahme aus dem Dezember dazu findest du hier). Zusammen mit den neuen Gebühren (50€) für das Lehramt-Aufnahmeverfahren zeigt dies eine insgesamt besorgniserregende Entwicklung, die sich leider auch an den stark gesunkenen Studierendenzahlen bereits jetzt sehen lässt und für die Zukunft nichts Gutes prognostiziert. (unsere Presseaussendung dazu)

Auch in anderen Bereichen hatten wir wieder althergebrachte Probleme: die wenigen von euch, die auf Erasmus waren, kommen oft zu uns, weil Learning Agreements sehr lange dauern und nur mühsam abzuklären sind bei den vielen Anlaufstellen, weil die Anerkennungen sehr restriktiv sind, teilweise Seminararbeiten aus dem Auslandssemester zur ‚Nachkorrektur‘ vorgelegt oder ausgebaut werden müssen, oder gänzlich zusätzliche Arbeiten geschrieben werden müssen, damit eine Anerkennung gemacht wird. Bis heute merken wir hier noch nicht wirklich große Verbesserungen trotz mehrerer Zusagen durch das Rektorat.

Die Anmeldezeiten für Kurse im Lehramt sind immer noch nicht harmonisiert, auch innerhalb des Clusters nicht. Manche Anmeldungen starten z.B. schon im Januar, manche am 1. Februar und andere erst gegen Ende Februar. Wann eine Reihung und Fixplatzvergabe erfolgt und Ummeldungen noch möglich sind wird manchmal gar nicht vorher bekanntgegeben, bzw. ist das von Unterrichtsfach zu Unterrichtsfach anders. Nicht nur ist eine sinnvolle vorausschauende Planung so nicht möglich, sondern es ist auch viel Zufall oder Glück beim Zusammenstellen des Semesterplans notwendig. Darüber hinaus entsteht jetzt eine neue Problematik mit den Anmeldungen an den „Salzburgtagen“, an denen Linzer Studierenden fixe LV Plätze versprochen wurden und bisher nicht geklärt ist, wie dort jetzt die Fixplatzvergabe abläuft.

Auch die Kursanmeldung im Sommersemester 2020 war wieder vor allem eins: etwas chaotisch, neue ungetestete Funktionen in PlusOnline (für die Vorziehregelung), viele Unregelmäßigkeiten (keine Anmeldung möglich), undurchsichtig (in manchen Bereichen werden die Wartelistenpositionen nicht angezeigt). Es wäre gut, wenn endlich mal wieder eine Kursanmeldung ohne größere Probleme laufen würde, ohne dass Emails und händische Nachbearbeitung notwendig ist und gleichzeitig Transparenz herrscht.

Die verschiedenen Onlinesysteme der Unis sind noch nicht wirklich zusammengewachsen: verschiedene Anmeldeplattformen, verschiedene Lernplattformen, verschiedene Emailadressen je Uni, 10 verschiedene Accounts an unterschiedlichen Unis gleichzeitig. Das Prüfungsrecht ist noch nicht zusammengewachsen: Prüfungssperre bei Nicht-Erscheinen an der Uni Salzburg, zusätzlicher Prüfungsantritt an der JKU, Prüfungswiederholung an einer anderen Uni trotz Cluster in manchen Prüfungen unzulässig.

Viele Teile des Studiums sind immer noch ‚Handarbeit‘: Sehr viele Anerkennungen, Verwaltungswege, Nachfragen sind notwendig, sehr viele Sonderanmeldungsformen und zusätzlich zu beachtende Fristen (Schulpraktika, Themenmodule), sehr viele Sonderregelungen, Kursvoraussetzungen und Prüfungsregelungen sind im Lehramt speziell einzuhalten. Ihr meldet uns immer wieder zurück, dass dies nicht nur frustrierend, ermüdend und aufwändig ist, sondern oft genug reale Studienverzögerungen bis hin zu Studienabbrüchen daraus entstehen.

Mit der neuen Bundesregierung (unsere Zusammenfassung des Regierungsprogramms) seit Januar kommen aber die nächsten besorgniserregenden Entwicklungen: Die Vorsitzende der Universitätsrektoren spricht davon, dass zwei Studien gleichzeitig zu inskribieren ihrer Meinung nach untersagt gehört, 3 Prüfungsantritte absolut ausreichen (aktuell sind es jedenfalls 4 Antritte) und fehlende Prüfungsaktivität zu einer Exmatrikulation führen sollte (Quelle). Minister Faßmann ist der Meinung, dass die im Regierungsprogramm vorgesehene Sommerbetreuung von Schülerinnen und Schülern ruhig von Lehramtsstudierenden übernommen werden könnte, die sowieso Schulpraxis sammeln müssten. (Quelle)

Auch der Landtag in Oberösterreich debattierte im Februar über die einbrechenden Studierenenzahlen in Linz und Salzburg, sowie auch über den Pendelzwang nach Salzburg in den 4 großen Fächern (Quelle). Gerade das Pendeln ist immer noch, trotz neuem Semesterticketmodell in Salzburg, ein teures Unterfangen. 2 Semestertickets (je für Salzburg und Linz) sowie ein Ticket für die Strecke Linz-Salzburg müssen gekauft werden; aber nur bis zur Altersgrenze von 26 Jahren ist ein Semesterticket Linz/Salzburg möglich, da nur bis dahin ein Semesterticket bezogen werden kann trotz 6-jähriger Regelstudienzeit im Lehramt. Einzig erfreuliche Nachricht: gemeinsam mit der Westbahn konnte ein Lehramt-Ticket zwischen Linz und Salzburg entwickelt werden für die ‚Salzburg Tage‘ (unsere Presseaussendung dazu).

Neben all dem waren wir, gemeinsam mit den anderen ÖH Vertretungen aus Salzburg und Linz wieder in vielen Gremien mit den Fachbereichen und den Rektoraten – im Studienjahr 2018/19 waren wir in weit über 100 Sitzungen. Bedauerlich finden wir, dass wir mit Rektoraten anderer Hochschulen teils mehr Kontakt haben als mit dem eigenen Rektorat an der Uni Salzburg, da man an der Uni Salzburg scheinbar im neuen Rektorat die uMn berechtigte Kritik nicht gut aufnimmt und den proaktiven Kontakt mit uns abgebrochen hat. Man löst keine Probleme, in dem man die Probleme totschweigt oder mit denjenigen nicht mehr spricht, die nicht nur Problembereiche aufzeigen, sondern die auch jederzeit Lösungsvorschläge auf den Tisch legen.

Auf all diese Entwicklungen kommen nun auch noch Probleme oben drauf, die durch das neue Finanzierungsmodell für Universitäten in Österreich entstehen: das Budget für die Unis berechnet sich nun stark über die Zahl prüfungsaktiver Studierender, bzw. im Lehramt an welcher Hochschule Prüfungen geschrieben wurden. Knappe Kassen & Sparmaßnahmen der Uni sind keine gute Ausgangslage, um das Lehramt nicht nur zu reparieren, sondern auch zu modernisieren (z.B. durch E-Learning Angebote).

Wir sind und bleiben wachsam & aktiv, was das Lehramt, die Rahmenbedingungen, Dienstrecht und Entwicklungen im Schulsystem angeht. Wir sind jederzeit bereit, mit dem Rektorat, anderen Stellen und jedem zusammenzuarbeiten, die das Lehramt verbessern, Probleme lösen und die Attraktivität steigern wollen. Wir opfern wirklich viel Zeit als kleines, unbezahltes und ehrenamtliches Team, um euch als Studierende im Lehramt in allen Bereichen informiert zu halten, euch zu beraten, eure Probleme zu sammeln, in Gremien wichtige Studieninfos zu sammeln und alle Probleme auch gegenüber der Uni offen anzusprechen. Wir stehen so sehr hinter diesem Lehramt, dass wir noch nicht aufgegeben haben trotz all dieser Umstände und immer noch das Beste hoffen und wollen. Nicht die öffentliche Kritik am Lehramtsstudium sollte der große Ernstfall für die Universität sein, sondern wenn das jetzige, erfahrene, langjährige und unermüdliche Team der STV aufgibt – so wie viele Studierende das Lehramtsstudium auch bereits aufgegeben haben.

Am Ende war es aber: einfach nur ein weiteres Semester im bildungspolitisch heftigen Lehramtsbereich.